Ist ein Realschulabschluss Bildungsarmut?

Als ich noch zur Schule gegangen bin, hat man sich schon erzählt, es ist schwer mit einem Hauptschulabschluss einen Beruf zu bekommen. Das Ganze galt als niedrige Qualifikation und für die meisten Berufe, insbesondere die interessanten und gut bezahlten, setzten eine höhere Qualifikation voraus. Offenbar ist heute selbst ein Realschulabschluss allerdings nicht mehr eine gute Aussicht dafür, in Brot und Arbeit zu kommen.

Laut einer Studie des statistischen Bundesamtes ist man auch mit einem Realschulabschluss mittlerweile gefährdet, in die Armut abzurutschen. Die Studie offenbarte allerdings nicht nur erschreckende Zahlen, insbesondere erschreckend war, dass das Bundesamt den Realschulabschluss insgesamt als niedrige Qualifikation beschrieb. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall, nur eine wesentlich niedrigere Bildungsschwelle galt als geringe Qualifikation oder Bildung fern. Okay, mit einem Realschulabschluss studiert man vielleicht nicht das Rechtsgebiet Arbeitsrecht, aber bildungsfern ist doch etwas anderes, oder?

Das Ganze hat natürlich damit zu tun, dass auf dem Arbeitsmarkt genug Menschen zur Verfügung stehen denn selbst wenn die Zahlen andeuten, dass die Arbeitslosigkeit auf ein erstaunlich niedriges Maß sinken würde, gibt es genug qualifizierte unbeschäftigte Leute die einfach nicht in Arbeit kommen. Deswegen ist es für Firmen auch so leicht, niedrige Löhne oder schlechte Arbeitsbedingungen zu bieten. So können sich die Unternehmen, ein kaum vorhandenes moralisches Bewusstsein vorausgesetzt, aussuchen wen sie beschäftigen und wie sie es tun.

Ein weiterer Grund für das Ganze ist natürlich aber auch die Tatsache, dass sich die Welt immer weiter spezialisiert. Wo früher eine allgemeine Bildung möglich war, so setzt heute der Beruf oft eine unglaubliche Spezialisierung für ein bestimmtes Tätigkeitsfeld voraus. Doch das ist selbst für studierte Menschen oder Gymnasiasten ohne ein Studium schwer zu erreichen, denn auch dort wird einem nur eine Grundkenntnis vermittelt. Und selbst das, was vor fünf Jahren noch als Spezialisierung galt, ist heute nicht mehr als eine allgemeine Erfahrung. Man muss sich eben immer selber weiterbilden.

Das ist wahrscheinlich die Quintessenz der gesamten Geschichte: um heute noch relevant zu bleiben muss ich mich immer auf dem neuesten Stand halten und in dem Berufszweig, für den ich mich interessiere und in dem ich Karriere machen will, muss ich eigenständig lernen. Was früher mit dem Abschluss der Schule geändert hat, ist heute ein lebenslanger Weg und wer vergisst diesen Weg weiterzugehen, der wird irgendwann zum alten Eisen gehören und aussortiert da er sich nicht weiter an die Qualifikationen seiner Arbeitgeber angepasst hat.